In die Abstraktion kommen – Möglichkeiten und Wege

Meine Malweise liegt zwischen Gegenstand und Abstraktion. Manchmal sind es die inneren Bilder, die ich male, Landschaften, die ich irgendwo abgespeichert habe. Manchmal arbeite ich aber auch von Fotografien. Dabei setze ich diese jedoch nicht eins zu eins um, sondern spiele mit unterschiedlich starken Formen der Abstraktion. Das Motiv ist mal mehr, mal weniger gut zu erkennen.

Bevor ich euch die Wege dorthin erkläre, stellt sich zunächst die Frage, was abstrakt oder abstrahiert bedeutet.

Ein abstraktes Bild ist ein Bild ohne Abbildungscharakter, also es vermeidet jeden Bezug zur Gegenständlichkeit. Die heutige Definition abstrakter Malerei ist jede beliebige Form einer vereinfachenden und Natureindrücke reduzierenden Darstellung. Ich würde dies als abstrahiert bezeichnen.

Als einen der ersten abstrakten Maler kann man William Turner bezeichnen (1775 -1851).

Ihm ging es in seiner Malerei sehr um landschaftliche Stimmungen, dabei sind häufig nur schemenhafte Umrisse zu erkennen und die Formen beginnen sich aufzulösen.

Ein weiterer Vorläufer der Abstraktion ist Vincent van Gogh (1853 – 1890).

Die Impressionisten wollten den Gegenstand im Augenblick seiner Erfassung darstellen. Dynamik, Emotionen und Pinselduktus spielten eine große Rolle. Dies kann sehr anschaulich an Van Goghs Arbeiten studiert werden (zB. Sternennacht oder Weizenfeld mit Zypressen)

Der nächste Zwischenschritt zwischen gegenständlicher und abstrakter Kunst war der Kubismus. Die Sichtweisen des Kubismus ermöglichten es, gleichzeitig verschiedene Perspektiven in einem Bild ein zu nehmen. Wer kennt sie nicht, Pablo Picassos (1881- 1973) Frauenbildnisse, die die Figur gleichzeitig frontal und im Profil zeigen?

Als den Urknall der abstrakten Kunst ist wohl Kasimir Malewitch (1878 - 1935) „Schwarzes Quadrat“ aus dem Jahre 1915 anzusehen. Es markierte den Beginn der gegenstandslosen Kunst (Suprematimus).

 

Abstraktion bedeutet also:

• keine erscheinungsrichtige Abbildung von Gegenständen

• Formauflösung ­ Vereinfachung

• Übersteigerung bis Verselbständigung von Farbe und Geometrie

• Gesten, Spuren, Pinselduktus

 

 

Wie können wir in die Abstraktion kommen?

Es geht also entweder um Reduktion oder Übertreibung.

In die Reduktion kommst du z.B.

• durch flächiger Arbeiten ohne Formkontraste

• durch Weglassen der Details (zB. durch auflegen eines Transparentpapieres)

• durch Verändern oder Vereinfachen des Farbklangs

• durch Veränderung des Ausschnittes, durch ein heranzoomen wie mit der Kamera eine Vergrößerung erreichen

 

 

Übertreiben durch

• Erhöhung des Pinselduktus

• Expressivere Farbgebung (zB. komplementäre Klänge) oder verfremdete Farbgebung

• Flächen auflösen mit Struktur durch Material oder Werkzeug

 

Die Übergänge sind fließend von realistisch über abstrahiert (vereinfacht) bis ganz abstrakt (gegenstandslos). Selbst wenn du frei arbeitest und abstrakt beginnst, kann es sein, dass Formen und Anordnungen entstehen, in denen du etwas Gegenständliches entdecken kannst. Ob du mitgehst und das Entstandene weiterverfolgst oder es malerisch zerstörst, ist eine Entscheidung, die du immer wieder treffen kannst. Auch stellt sich immer wieder die Frage, wie exakt du ein Motiv ausarbeitest. Manchmal ist es spannender, ein Motiv nur anzudeuten und es dem Betrachter zu überlassen, was er darin sieht. Eine persönliche Übersetzung und Interpretation einer Situation ist es doch, was unsere Bilder vom Foto unterscheidet. Im Besten Falle spiegelt sich im Bild auch Eure Persönlichkeit und Eure spezielle Arbeitsweise wieder.

Es wird häufig angenommen, das es sich bei abstrakten Arbeiten nicht um Kunst handele und das bei keinerlei künstlerische Begabung und handwerkliches Können notwendig ist. Richtig „gute“ Kunst sei nur die hyperrealistische Wiedergabe einer Situation.

Meine Auffassung ist, das abstrakte Malerei die Schwierigste von allen ist, denn es ergeben sich nur wenige Anhaltspunkte in schon Gesehenem. Alles was entsteht, kommt aus uns selbst. Niemand sagt, wie es zu sein hat. Manchmal ist es gar nicht so einfach, aber diese Freiheit können wir nutzen!

 

Viel Freude bei allen Experimenten,

lass Farbe fließen,

Angelika

2 Kommentare

  1. Marie-Luise Brock
    1. Mai 2020

    Liebe Angelika,
    du bist wirklich mein Motivator, nicht nur dass ich geschockt bin, dass ich so viele bemalte Leinwände besitze ( wir sind gerade umgezogen, und da fiel mir erst auf wieviele Leinwände ich bereits bemalt habe, und es stellte sich totaler Frust bei mir ein !!! Was soll ich nun damit?????), nun weiß ich, dass ich locker flockig mal mit dem Übermalen beginnen kann. Mich ganz dem Malflow hingeben kann, nach dem Motto: Schau dich mal im Garten, in der Landschaft, in dir selber etc. um und lass dich locker ohne Zielvorgabe leiten. Ich muss nichts , ich darf..
    Danke, liebe Angelika.
    Ich freue mich auf deine Wortunterstützung.
    Lieben Gruß
    Marie-Luise

    Antworten
    1. Angelika Biber
      1. Mai 2020

      Liebe Marie-Luise, sehr gernbe und danke für deine Nachricht.So ähnlich gehts mir auch, deswegen arbeite ich schon mal gerne auf Papier, das benötigt nicht so viele Lagerkapazitäten 😉 Und im Übermalen bin ich großartig. Ich wünsche dir viel Freude bein Lockerlassen.
      Angelika

      Antworten

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